Sonntag, 26. Juni 2016

Stoffspielerei mit Lochflickerei im Boro-Stil

Frifris hat für die Stoffspielerei* das Thema Löcher ausgewählt, ein vielfältiges Thema, denn in Textilien kann man zur Gestaltung welche rein machen oder ungewollte mehr oder weniger dekorativ schließen.


Als Beispiel zeige ich das Schließen von Löchern in der Lieblingshose meines Enkels (7).
Frage: Woran erkennt man eigentlich Lieblingshosen?
Antwort: An den Löchern.


Die Hose wurde zur Lieblingshose weil ein Gummizug sie am Bund hält. Das ist praktisch bei Gängen zum Örtchen im aller-aller-letzten Moment, in denen keine Zeit mehr ist, hüpfend einen Knopf zu öffnen.
Ich vermute, das ist ein wichtiger Grund, weshalb sie bei der allmorgendlichen Auswahl oft den Zuschlag bekam. Auf jeden Fall macht es für mich Sinn, die Hose wieder spiel- und sandkastentauglich instand zusetzen.


Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die Methode, die ich zur Reparatur angewendet habe schon sehr alt ist, aus Japan kommt und Boro heißt. Wörtlich übersetzt bedeutet es Lappen oder Stofffetzen und  wird für Kleidung verwendet, die (viele Male) geflickten bzw. repariert wurde. Es gibt Stich-Muster mit verschiedenen Namen (ich habe simple Vorstiche verwendet). Es entstanden immer einmalige Stücke, die Generationen begleiteten und sich durch weitere Schichten veränderten.


Ich weiß nicht, ob die Hose, die ich repariert habe an spätere Generationen unserer Familie weitergereicht werden wird. Ich wollte die Technik sinnvoll und zeitgemäß auszuprobieren.
Die Hose hatte auf Kniehöhe Schlitze unterhalb von Doppelnähten aus denen die Hosenvorderteile zusammen gesetzt sind. (Leider gibt es kein Kaputt-Foto).
Für die Reparatur habe ich passende Jeansstücke zugeschnitten, mit der Overlock versäubert und mit Klebestift hinter die strapazierten Bereiche geklebt. Kappnaht-Reste habe ich entfernt, so dass immer nur 2 Lagen zu durchstechen waren. Das gewählte Baumwoll-Multicolor-Garn war eine Herausforderung. Da es sich um ein Häkelgarn handelt ist es stärker gedrillt als Stickgarn. Das macht sich bemerkbar beim Einfädeln und erfordert eine entsprechende Nadelöhr-Größe. Es ist ratsam, Nadel und Faden erst mal probehalber durch die Lagen zu ziehen, um eventuell anderes Garn & Nadel zu wählen, das leichter gleitet.
Um besser an die Reparaturstellen zu kommen habe ich die Hosenbeine aufgerollt. Die erste Runde stichelte ich links um den hinterlegten Flicken, die Fläche von rechts.


Die Reparatur dauerte einen Fernsehabend, also nicht so lange wie mancher schätzt. Mir gefällt das Ergebnis mit dem starken Verlaufsgarn auf dem verwaschenen Blau.


Der dunkle Bereich auf jedem Knie von der Kappnaht erinnert an ein Grinse-Gesicht wenn die Hose getragen wird. Und sie wird getragen und strapaziert, seht selbst:


Eine andere Boro-Reparatur mit Garn in mehreren Farben habe ich hier vorgestellt.

Loch und Löcher waren bereits im Oktober 2014 bei Karen Thema für die Stoffspielerei. Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat werden die Links mit den neuen Werken zwecks Erfahrungsaustausch gesammelt.

Montag, 20. Juni 2016

Reverse-Applikation Blattmuster

Die Mischtechnik von Grafik, Textilfarbe und Stickerei mit Aufschneide-Option hat es mir angetan. Das Blattmuster einer Lichte-Sammeltasse habe ich reverse-gerecht angepasst und als Deko für eine Jersey-Mütze verwendet.


Zunächst ein Blick auf das Gedeck der Lichtener Porzellan-Manufaktur:



So kam das Muster auf die Mütze:
  1. Foto vom Teller s/w drucken
  2. Druckrückseite mit Buchfolie bekleben = verstärken
  3. Schablone erzeugen: Motiv angepasst mit Cutter-Messer ausschneiden, dabei planen, welche Flächen später aufgeschnitten werden damit die Jersey-Lage darunter sichtbar wird
    Die filigran gemusterte Fläche verschmilzt zu einer Fläche,
    die Balkenanzahl ist reduziert für etwas breitere Balken mit mehr Abstand
  4. Schablone platzieren und Motiv mit Textilfarbe auftragen;
    nach dem Trocknen rückseitig bügeln
  5. Mützenzwischenform 2lagig vorbereiten und Vor- bzw. Rückstiche um die Konturen sticheln wobei die beiden Schichten verbunden werden
  6. Ausgewählte Bereiche der oberen Lage frei schneiden
 
 
 

Meine Stichelei ist noch nicht fertig, immer wenn ich unterwegs bin und sich Wartezeiten bzw. Gelegenheiten ergeben mache ich ein paar Stiche.

Das Blattmuster verlinke ich bei Müllerin-Art, wo ich immer staune wie Muster entstehen.

Die Mütze ist ein Musterexemplar für die bevorstehende 2. Suhler Kinderstadt. Die VHS Suhl organisiert in Kooperation mit dem MGH Familienzentrum „Die Insel", der Musikschule „Alfred Wagner" und dem Verein Provinzkultur den talentCAMPus, die 2. Suhler Kinderstadt - Träume spürbar machen".  Ich werde den Kurs "Nadelzauber (Upcycling)" gestalten

Buchrezension: schneiden, tauschen, nähen * Neues aus gebrauchten Kleidungsstücken

Im Buch der Autorin Saphira Graziano werden in 3 Kapiteln 41 Projekte für Re-Design vorgestellt.


Graziano, Saphira / Rust, Oliver (Fotografien)
schneiden, tauschen, nähen
Neues aus gebrauchten Kleidungsstücken

120 Seiten, durchgehend farbige Abbildungen
Klappenbroschur, 23.5 x 26 cm, 568 g
ISBN: 978-3-258-60106-9
 
Ausgangsinspiration für die Autorin waren die Geschäftspraktiken der Textilbrache. Die vorgestellte Methode des Schneidens, Tauschens und Nähens finde ich beim Durchsehen des Buches sehr inspirierend. Die Ideen finde ich originell und künstlerisch gewagt, für mein provinzielles Umfeld sicher nicht alltagstauglich, auf jeden Fall Geschmackssache. Auf die Idee, aus Feinstrümpfen eine Mütze zu nähen oder eine Feinripp-Herrenunterhose mit "Eingriff" in eine Umhängetasche zu verwandeln muss man erst mal kommen und dann passendes Ausgangsmaterial finden. Mein Verwandlungsfavorit ist das Kleid aus einem Spitzentischtuch (Coverseite oben links). Das Projekt ist sicher auch als Rock umsetzbar.
 
Die Idee, Elemente von Kleidungsstücken zu tauschen wie beispielsweise Hosenbeine und Hemdsärmel finde ich originell. Das ist für mich eine neue Perspektive für die Wiederverwendung von Textilien.
Stoffreste werden mit Rollentausch zu originellen Blüten, so bleiben praktisch keine Reste übrig.
 
Die Autorin ist Designerin, Nähkursleiterin und aktiv auf der Bernina-Plattform. Fotos von Projektbeispielen aus dem Buch sind auf Ihrer Internet-Seite http://www.umgarnt.ch/umgarnt/galerie/ zu finden.

Für mich ist das Buch wertvoll als Ideenquelle und Nähinspiration. Eigene Projekte werden individuell belebt durch die verwendeten Kleidungsstücke aus dem eigenen Fundus. Mit der Zeit sind die eigenen Wege eingefahren und vertraut. Da ist eine neue Idee für einen Richtungswechsel willkommen.
 
Auf Anfrage stellte mir der Haupt Verlag ein Buch-Exemplar zur Verfügung.

Mittwoch, 15. Juni 2016

Stehkragenwetter oder aus einem Shirt mach 2

Bei diesem Wetter erinnere ich mich an zwei Shirts, die im Januar entstanden. Bei kaltem Wetter mag ich zum darunter anziehen gerne etwas mit kleinem Stehkragen.


Eine Aufräumaktion im Kleiderschrank brachte einen gestreiften Pulli mit Rollkragen ans Licht, als ich Jersey für diverse Experimente suchte.


Weil die Faser so angenehm auf der Haut ist dachte ich darüber nach, den Rollkragen abzutrennen und zu kürzen. Das Auftrennen ging schnell, da habe ich auch gleich noch die Ärmel raus getrennt. Mit einem Reststück gefärbtem Jersey sind 2 Unterziehpullis (Unterhemdersatz) entstanden.

 

  1. Die Schulternaht ist auf dem Rückenteil mit Saumfix verstärkt.
  2. Der Umfang des Stehkragens ist etwas kürzer (ca. 10%) als die Halsöffnung.
  3. Vorne und hinten mittig festgesteckt: Overlocknaht ringsum während die Teile von Stecknadel zu Stecknadel gestreckt geführt werden
  4. Das Vorderteil ist ca. 3 cm länger als das Rückenteil. Diese Überlänge wird ca. 10 cm unter den Achseln durch Strecken während dem Nähen eingehalten. Dadurch entstehen "alternative Abnäher".
  5. Der helle Stehkragen, Vorderteil und Bundstücke sind mit ein paar Biesen geschmückt, am Stehkragen haben diese eine stabilisierende Funktion.


Dienstag, 14. Juni 2016

Es war einmal ein Schirm ...

Ein so kleiner Schirm
und trotzdem wird man nicht nass,
wenn es nicht regnet.
Karl-Valentin
 
 
 
Ein SKM-Knirps mit Loch, perfekt als Ausgangsmaterial für einen Beutel in meinen Lieblingsfarben. Erst mal den Stoff vom Gestell lösen.

 
 
Ursprünglich wollte ich die Dreiecke auseinander trennen und wechselnd neu anordnen. Dann entschied ich, die Kreisfläche zu lassen. (Das Loch ist in einer Träger-Nahtzugabe verschwunden)
  1. Fläche rechts auf rechts zum Halbkreis falten so dass die Träger später an einer Dreiecksnaht sitzen
    An beiden Seiten einen Teilkreis abschneiden
    Beutel-Fläche an den Seiten zusammen nähen;
    unten begradigen, nähen & versäubern
  2. Abgeschnittene Stücke zerschneiden in je 2 Belegstreifen und 2 Träger
  3. Träger falten/bügeln, mit Einlage verstärken und nähen
  4. Belegteile versäubern und zusammen nähen
  5. mit den Trägern dazwischen oben umlaufend fest nähen
    Beleg nach innen klappen, bügeln und durch 2 umlaufende Nähte fixieren
  6. Ecken innen abnähen
 
Der Beutel ist leicht und passt gefaltet und gerollt in die Schirmhülle.
So begleitet er mich im Auto.
Wenn's mal unverhofft nass wird trage ich den Beutel als Mütze ;-))
 
 
Habt Ihr auch Beutel genäht?
Dann ab damit zur Linkparty für Beutel oder für Upcycling.