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Donnerstag, 2. Mai 2013

Henry van de Velde in Weimar

Am Tag der Arbeit waren wir mit Freunden auf den Spuren von Henry van de Velde unterwegs.



Um 1900 wollte Graf Harry Keßler Weimar erneut zum geistigen und kulturellen Mittelpunkt Deutschlands machen. Auf seine Empfehlung kam 1902 der Belgier Henry van de Velde (1863–1957) von Berlin nach Weimar. Als Autodidakt mit Visionen und Alleskönner beschäftigte er sich mit der Linie, dem Ornament und dem Lebensraum, der uns umgibt. Teilweise aus Kostengründen ließ er die Form der Funktion folgen, Häuser plante er nach dem tatsächlichen Raumbedarf von innen nach außen. In Weimar entwarf er zuerst das Nietzsche-Archiv und wurde zunächst auf Händen getragen. Im Auftrag des Großherzogs Wilhelm Ernst kümmerte er sich um das Design der Kunsthandwerksbetriebe und Industrie im Land. Eine enge Zusammenarbeit gab es mit Bürgeler Keramik-Fabrikanten. Er unterwies Kleinunternehmer in Design und stellte eigene Entwürfe zur Fertigung zur Verfügung. Bis 1915 gründete und leitete die Großherzoglich Sächsische Kunstgewerbeschule. Sein Betätigungsfeld war vielfältig, praktisch war er der Erfinder des Corporate Designs. Nach seinen Entwürfen wurden Möbel, Gebäude, Keramik, Schmuck, Stoffe und auch Kleider realisiert.

Mitte des 19. Jahrhunderts war es an der Zeit, das Korsett aus gesundheitlichen, praktischen und weiteren Veränderungen an den Nagel zu hängen. Während und nach dem Krieg musste gespart werden. Ein Korsett kann man ohne Hilfe (Personal) nicht schnüren. Immer öfters waren Frauen berufstätig. Außerdem behinderte es sportliche Betätigungen wie z.B. Rad fahren. Auch von ärztlicher Seite wurde auf Gesundheitsschäden hingewiesen. Mit Anna Muthesius und Paul Schultze-Naumburg entwarf auch Henry van de Velde weibliche Reformkleidung.


Van de Velde war von 1902 bis 1917 in Weimar tätig und hat viele Spuren und Grundlagen für spätere Innovation hinterlassen. Die an Schnörkel und Pomp gewöhnten reichen Weimarer haben es ihm nicht leicht gemacht. Missverständnisse, Intrigen und Geldknappheit erschwerten seine Tätigkeit. Am Ende seiner Zeit in Thüringen wurde seiner Familie die Ausreise erschwert.

Sein Erbe in Weimar ist trotz der starken Präsenz des Klassischen Weimars nicht zu übersehen.
2013 widmet sich Weimar diesem Nachlass. Thematische Spaziergänge und mehrere Ausstellungen zeigen seine Tätigkeit als Architekt, Designer und Urvater der Moderne:

19.04.2013 - 01.09.2013 Modeausstellung im Bertuchhaus Weimar
          
Mode und Reform - Kleider der Jahrhundertwende (1890-1914).

24.03.2013 - 23.06.2013 Ausstellung im Neuen Museum Weimar
            Leidenschaft, Funktion und Schönheit.
            Henry van de Veldes Beitrag zur europäischen Moderne

29.03.2013-12.05.2013 Ausstellung Bauhaus-Universität Weimar
            Der Architekt Henry van de Velde
 

24.03.2013 – 12.2013 Haus Hohe Pappeln Weimar
            Öffentliche Führungen Jeden Sonntag 13 Uhr  

24.03.2013 – 12.2013 Nietzsche-Archiv Weimar
            Öffentliche Führungen Jeden Samstag 15 Uhr  

20.04.2013 - 22.09.2013 Dornburger Rokokoschloss und im Keramik-Museum Bürgel
            Doppelausstellung „Henry van de Velde und die Bürgeler Jugendstil-Keramik 

24. März – 16. Juni 2013, Kunsthalle Erfurt im Haus zum Roten Ochsen
            Peter Behrens. Vom Jugendstil zum Industriedesign
            (zeitweise Schüler Van de Veldes)


            einzigartiges Gesamtkunstwerk der revolutionären Gestaltungsideen van de Veldes
            erbaut 1913/14 für den Geraer Textilfabrikanten, Orchideenzüchter
            und Kunstsammler Schulenburg
 

In der Veröffentlichung "Deutsche Kunst und Dekoration Band 10" schreibt van de Felde 1902 für den Verleger Alexander Koch seine Ansichten zur Toilette und Frauenkleidung in dem Artikel "Das neue Kunst-Prinzip in der modernen Frauen – Kleidung", der bei Lexikus gelesen werden kann. Er bemängelt in der Reformkleid-Bewegung die Berücksichtigung der Schönheit und verweist auf seine Veröffentlichung "Die künstlerische Hebung der Frauen-Tracht".

Auch Coco Chanel und Emilie Flöge, bekannt als Model für Gustav Klimt's Porträts, haben sich mit Reformkleidern beschäftigt.
 
 

3 Kommentare:

  1. Danke für den Exkurs. Wenn meine Bücher nicht im SZ stehen würden, wo schon jemand schnarcht :-), würde ich jetzt mal nach einem Buch suchen, das ich über ihn haben müsste.
    Auch wenn bei ihm die geschwungene Linie und nicht die Gerade und der rechte Winkel formgebend sind, hat er sicher den Weg geebnet für das funktionelle Bauhaus.

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  2. Hallo 1-2-3!
    Da bin ich ja eben zufällig in Deinen ganz interessanten Artikel gestolpert. Ich hab noch nie was von Henry van de Velde gehört, aber Du machst mich echt neugierig. Weimar und BÜrgel sind nicht weit...
    Würfel: einfach loswürfeln! Ich habe mir auf Kästchenpapier eine Schablone entworfen (auf einer seite dann halt ganz viele Rhomben) und anfangs wild irgendwas zusammengenäht. Wichtig ist eben nur die Hell-Mittel-Dunkel-Aufteilung, die sich durch den ganzen Quilt ziehen sollte. Anfangs habe ich immer vollständige Würfel genäht, später dann auch Einzelstücke als Zwischenteile. Ich fand das eine wirklich angenehme Beschäftigung und das Quilten mit der Hand war dann auch kein Hexenwerk.
    LG
    Valomea

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    1. Hallo Valomea,
      Dornburg und Bürgel habe ich dieses Jahr auch noch auf meiner Wunschliste. Falls es bei Dir mit einem Termin konkret werden sollte können wir uns gerne verständigen.
      Gruß Ute

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