Was kann man nach 230 Jahren noch finden?
Gibt es spannende Geschichten mit Textilien und Mode als Thema?
Nach ausgewählten zeitlichen Eckdaten nähern wir uns dem Thema und gehen auf die Suche.
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Was, wann, wer und wo …
1618 – 1648 Dreißigjähriger Krieg
1575
- 1770 Barock
Frühbarock bis ca.
1650, Hochbarock bis ca. 1650–1720
Spätbarock oder Rokoko bis ca. 1720–1770
1638 – 1715 Ludwig XIV, der Sonnenkönig in Frankreich
1666 – 1751
Fürstin Augusta Dorothea von Schwarzburg-Arnstadt
(Mon
plaisir)
1710 – 1774 Ludwig der XV. in Frankreich
1732 – 1772 Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg
verheiratet mit
1710 – 1767 Luise Dorothea von Sachsen-Gotha-Altenburg in Gotha
1710 – 1767 Luise Dorothea von Sachsen-Gotha-Altenburg in Gotha
1737 – 1758 Ernst August II.Herzog
von Sachsen-Weimar-Eisenach, verheiratet mit
1739 – 1807 Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel, (Nichte von Friedrich II.) in Weimar
1739 – 1807 Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel, (Nichte von Friedrich II.) in Weimar
1759 – 1775 Regierungszeit von
Anna Amalia als Vormundschafts-Regentin für Erzherzog Carl-August
1756 – 1763 Siebenjähriger Krieg
1756 – 1763 Siebenjähriger Krieg
1763 – 1766 Weimar: Umbau Grünes
Schloss zur Bibliothek
1767 erste Kleiderordnung
unter Herzog Ernst I. von Sachsen Gotha
1775 Goethe kommt nach Weimar
1852 Standesunterschiede im Herzogtum
Sachsen-Gotha-Altenburg werden aufgehoben, die Kleiderordnung wird außer Kraft
gesetzt
Rokoko … wie war das so?
Aus der Epoche des späten Barock entwickelte sich etwa ab etwa 1720 Rokoko. Beide Epochen sind Stilrichtungen der europäischen Kunst. Namensgeber für Rokoko ist das französische Wort Rocaille (Muschel). Es bezeichnet ein immer wieder auftretendes asymmetrisches Ornament-Motiv.
Es
war ein Zeitalter, in dem Frauen und Liebe die Politik beeinflussten. Die Mode
kombinierte die strengen Formen höfischer Etikette mit dem Reiz weiblicher
Schönheit.
Die Paläste des Adels wurden zu Treffpunkten der
Gesellschaft. Schönheit und Eleganz bestimmte Sitten und Umfeld des Adels.
Vorbild war der französische Hof mit Ludwig XIV. Französische Etikette,
französische Sitten und Moden hielten in Europa Einzug.
Porträts aus dieser Zeit sind unsere Informationsquellen für die Mode dieser Zeit.
Porträts aus dieser Zeit sind unsere Informationsquellen für die Mode dieser Zeit.
Die Tänzerin Barberina, Druck in einer Ferienwohnung Suhl |
Nach dem Tode Ludwig XIV. wurde der politische Verfall Frankreichs
sichtbar. Moral und Sitten der Gesellschaft ließen zu wünschen übrig. In Kunst
und Mode bewirkte diese Umwandlung zum Verspielten die Wandlung in die
Stilepoche des Rokoko. Alles Strenge verschwand aus dem modischen Bereich.
Selbst die leuchtenden Farben am Hofe Ludwig XIV. wurden gegen zarte
Pastelltöne eingetauscht. Die weibliche Bekleidung bestand aus einem viereckig
ausgeschnittenen, eng taillierten Oberteil, das in einer tief heruntergezogenen
Spitze seinen Abschluss fand. Ein Reifrock betonte die schmale Taille. Das geteilte Rock-Vorderteil ließ ein mit Rüschen, Falbeln oder Schleifen verziertes
Unterkleid durchblicken. Das Haar wurde weiß gepudert und in kleine Löckchen
geordnet. In der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts wuchs diese relativ
einfache Frisur absurd in die Höhe. Eine tägliche Pflege war unmöglich, gerne
nistete sich Ungeziefer ein.
Detaillierte Einblicke
und Bildergalerien fand ich auf der Seite costumeantique. Ein Besuch lohnt sich, sogar ein 2.
Rokoko (1850 – 1870) fand ich
dort. Wer mal im „Journal
des Luxus und der Moden“ lesen möchte wird dort
ebenfalls fündig. Diese älteste deutsche Modezeitschrift wurde von 1787 bis
1812 in Weimar verlegt.
Deutschland im 18. Jahrhundert
Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges wirkten
nach. Finanzielle Mittel waren knapp, auch an deutschen Adelshäusern. Erbteilungen
wegen fehlenden Erbschaftsregelungen zersplitterten die Besitztümer der
Herrschaften. Die kleinen Höfe bemühten sich, dem französischen Vorbild am Hof
des Sonnenkönigs nachzueifern. Viele kleine Zentren mit verschiedenen
Schwerpunkten der Rokoko-Kunst entstanden.
Naturwissenschaften und technische Erfindungen (z.B.
die Dampfmaschine) prägten das 18. Jahrhundert. Im ausgehenden 18. Jahrhundert
sehnen sich auch die Herrschaften wieder nach der Natur. Bildungsreisen waren
in Mode.
Kleiderordnungen bestimmten die Verwendung von
Materialien und Farben für die Stände. Klassenunterschiede waren offen erkennbar
durch verschiedenfarbige Kleidung.
Barock und Rokoko in Thüringen
Bibliotheken, Sammlungen, Ausstellungen und Feste
1640/41 wurde mit der Entstehung des neuen
Herzogtums Sachsen Gotha im Schloss
Friedenstein ein geheimes Archiv für Urkunden, Amtsbücher und Akten gegründet.
1840 wurde das Archiv in „Herzoglich sächsisches Haus- und Staatsarchiv“
umbenannt. Das Hauptarchiv war in Weimar.
Sucht man online nach Rokoko in Thüringen listet die Suchmaschine Texte und Bilder der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar auf.
Vielen ist der Brand in dieser Bibliothek im Jahr am 2. September 2004 im Gedächtnis.
Von Herzogin Anna Amalia, auch genannt die Gründerin
Weimars und die Beschützerin der Künste und Wissenschaften erhielt die
Bibliothek im Jahr 1991 den Namen. Gegründet wurde die
Bibliothek 1691 als „Herzogliche
Bibliothek“ von Herzog Wilhelm Ernst in Weimar. Über die Jahre wurde der Bestand systematisch
aufgestockt mit handgeschriebenen und gedruckten Büchern aus allen Gebieten des
menschlichen Wissens. Die Sammlungen der Gothaer Kunstkammer sind umfangreich.
Speziell im Bereich Naturwissenschaften hat die Sammlung seit langer Zeit einen
herausragenden Ruf.
Mitte des 18. Jahrhunderts standen in Gotha Kunst, Kultur, Wissenschaft und
Bildung hoch im Kurs. Gelehrte und Künstler verkehrten mit der Hofgesellschaft.
Die Herzogin Luise Dorothea war Mittelpunkt der Hofkultur. Voltaire nannte sie
die „beste Fürstin der Erde“ und eine „deutsche Minerva“.
Ende des 18. Jahrhunderts führten soziale
und gesellschaftliche Veränderungen auch in Gotha zur Angleichung bürgerlicher
und höfischer Mode. Kleiderordnungen wurden abgeschafft.
Im Frühjahr 2018 gab es im Schloss Friedenstein
in Gotha eine Sonderausstellung mit dem Titel
„À LA MODE – SPITZEN VON RENAISSANCE BIS ROKOKO“. Auch exquisite Auswahl
von Spitzenfächern war zu sehen. Am 13. Mai 2018 fand im Herzoglichen Museum
der Aktionstag „Gotha ist Spitze“ statt. . Präsentationen zeigten, wie Spitze
hergestellt wird.
Seit 2001 veranstaltet Gotha am letzten
Augustwochenende auf des Schlosses Friedenstein alljährlich
ein Barockfest. Besucher können in glanzvolle Epoche
des Spätbarocks eintauchen, Laiendarsteller in Kostümen bewundern und
zusehen, wie Herzog Friedrichs III. vonSachsen-Gotha-Altenburg mit seinem Hofstaat Wachparaden
abnimmt, Audienzen
hält und durch den Orangeriegarten lustwandelt.
Eines meiner Fotos von 2010 zeigt eine Darstellerin im typischen Rokoko-Kleid.
Übrigens kann man bei marquise.de Basiswissen zum Rokoko nachlesen. Besonders
interessant fand ich die Texte über häufige Missverständnisse und Klischees.
Die Puppenstadt in Arnstadt
Ein besonders anschauliches Erbe der Barock-
und Rokoko Zeit hat uns Fürstin AugustaDorothea von Schwarzburg-Arnstadt
hinterlassen. Alles verfügbare Vermögen und mehr investierte sie in eine Puppensammlung, Miniatur-Szenen als Abbild des höfischen und bürgerlichen Lebens sind
dargestellt.
Die Sammlung ist Besuchermagnet im Schlossmuseum Arnstadt.
Die Sammlung ist Besuchermagnet im Schlossmuseum Arnstadt.
Zeitzeugen aus Porzellan
Vorlieben, Mode und Geschmack von Barock und Rokoko sind langlebig konserviert in Porzellan-Erzeugnissen. In Thüringen gab es mehrere Porzellanmanufakturen, die die Sammelleidenschaft der Regenten und auch des einfachen Volkes bedienten:
Thüringer Porzellanmanufakturen (18. Jh.)
1760: Porzellanwerk Kloster Veilsdorf, Veilsdorf
1762: Aelteste Volkstedter Porzellanmanufaktur, Volkstedt
1764–2016: Wallendorfer Porzellan, Lichte
1777: Graf von Henneberg Porzellan, Ilmenau
1783: Porzellanfabrik Rauenstein, Rauenstein
1762: Aelteste Volkstedter Porzellanmanufaktur, Volkstedt
1764–2016: Wallendorfer Porzellan, Lichte
1777: Graf von Henneberg Porzellan, Ilmenau
1783: Porzellanfabrik Rauenstein, Rauenstein
Eine technologische Besonderheit ist die Verwendung von Plauener
Spitze zur Ausformung der voluminösen Röcke und Details. Beim Brennen verdampft
die Textilfaser, übrig bleibt das modellierte Porzellan. Als einer der ersten
Manufakturen der Welt gelang es der Sitzendorfer Porzellanmanufaktur 1884, Spitzenfiguren
herzustellen. Nur wenige Spezialisten beherrsch(t)en diese komplizierte Handarbeit.
Handarbeiten in Rokoko-Zeiten
Das Buch „KREUZSTICHMUSTER AUS DEM BAROCK UND ROKOKO“, herausgegeben von Helga Wagner
mit einem Geleitwort von Irmgard Gierl, ISBN 3-7991-6264-X enthält 130
Schwarz-weiß-Tafeln nach Vorlagen aus Staatlichen Museen. Es handelt sich um Stickvorlagen aus drei Büchern des 17. und 18. Jahrhunderts:
Muster aus dem „Neuen Modelbuch" von Paul und Rosina Fürst
Muster aus den „Nadel-Ergötzungen" von Margaretha Helm
Muster aus dem Büchlein von Christoph Weigel jun.
Vorlagen-Sammlungen erfreuten sich großer
Beliebtheit. Die Motiven hatten bestimmte Bedeutungen. Beispielsweise versinnbildlichte die Nelke die reine Gattenliebe.
Die
Muster waren keine Erfindungen der jeweiligen Autoren sondern überwiegend uraltes Traditionsgut, übernommen von
Seidenstoffen und Teppichen aus dem Orient, aus China und Arabien.
Occhi (italienisch
‚Augen‘), auch Schiffchenarbeit oder Frivolité
mit einem Schiffchen wie wir es kennen scheint sich erst im Lauf des 19.
Jahrhunderts entwickelt zu haben. Abbildungen des 18. Jahrhunderts zeigen
Damen, die Occhi-Schiffchen in der Hand halten, allerdings sind diese größer und an den Enden gerundet.
Unter meinen Spitzendeckchen befindet sich eines aus
Occhi-Knoten. Ich habe es auf einem Flohmarkt gefunden. Deshalb kann die
Herstellung zeitlich nicht einordnen.
Fazit
Die Beschäftigung mit diesem Thema macht mich neugierig, mehr
zu erfahren.
Arnstadt, Gotha und Weimar sind nicht weit. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich die geschichtsträchtigen Plätze mal wieder aufsuchen.
Arnstadt, Gotha und Weimar sind nicht weit. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich die geschichtsträchtigen Plätze mal wieder aufsuchen.
Weimar, Schloss Belvedere |
In den Parks kann man
bei geschlossenen Augen mit Wind um die Nase und Vogelzwitschern im Ohr auf
Zeitreise gehen und sich vorstellen, wie es damals wohl war …
Eine meiner schönsten Erinnerungen zu einem Ausflug in Thüringen gehört nach Tiefurt, aber das ist schon eine andere Epoche, die vielleicht nach einer Fortsetzung verlangt ….
Eine meiner schönsten Erinnerungen zu einem Ausflug in Thüringen gehört nach Tiefurt, aber das ist schon eine andere Epoche, die vielleicht nach einer Fortsetzung verlangt ….
Tiefurt bei Weimar, Schlosspark |
Verwendete Informations-Quellen:
Jahreszahlen aus WikipediaRokoko: 48 Tafeln, Sibylle Harksen, Verlag: Prisma, ASIN: B00246783A
Das Barocke Universum Gotha: Schätze von Schloss Friedenstein, ISBN 3940998109
Die Höfe zu Thüringen, Carl E. Vehse, ISBN: 3378005610
Mode im Wandel, ISBN 3-37607-1273-8
Zeitschrift Sibylle 1961-01
KREUZSTICHMUSTER AUS DEM BAROCK UND ROKOKO, ISBN 3-7991-6264-X
Ich danke Constanze für das freizeitlich inspirierende Thema und bin gespannt, welche Rokoko-Stoffspielereien bei den anderen Stoffspielerinnen entstanden sind.
Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat werden die Links mit den neuen Werken zwecks Erfahrungsaustausch gesammelt.
Die weiteren Termine der Stoffspielerei:
Juli + August 2018: Sommerpause
Die weiteren Termine der Stoffspielerei:
Juli + August 2018: Sommerpause
30.09.2018: „Streifen“ bei 123-Nadelei
28.10.2018: „Seide“ bei Siebensachen25.11.2018: (Thema noch nicht fix) bei Nähzimmerplaudereien
Dezember: Weihnachtspause
27.01.2019: (Thema noch nicht fix) bei Textile Werke
24.02.2019: „Farbverläufe“ bei Schnitt für Schnitt
31.03.2019: „Geometrie“ bei Feuerwerk by Kaze
weitere Themen: Tierwelt, textile Miniaturen, ...
Wow, da hast du ja mit viel Aufwand sehr interessante Details erarbeitet. Den umfangreichen Text werde ich bestimmt noch mal ganz langsam lesen. Zur Stoffspielerei fiel mir spontan "Rüschen" ein - da bin ich mal gespannt womit du uns überraschst.
AntwortenLöschenLG eSTe
Danke! So tief bin ich bei meinem Recherchen nicht eingestiegen (da sich abzeichnete, dass ich es nicht schaffe, etwas vorzubereiten). Sehr gefällt mir auch Dein regionaler Bezug, da gibt Thüringen ja viele her! Ich habe noch aus einem Buch in Erinnerung, wie die Kleidung zur Zeit Napoleons so gar nicht in das bisherige Modebild (Rokoko - eben bis zur frz. Revolution) passte: zu schmal, zu durchsichtig.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Ines
Also das ist ja mal eine coole Hinführung und Erläuterung und vor allem tolle Spurensuche! Danke für so viel Wissenswertes und Interessantes zum Thema, und deinen regionalen Bezug finde ich auch super. Da wirst du künftig mit ganz anderen Augen durch die Städte marschieren!
AntwortenLöschenLG. Susanne (die große Lust auf eine riesige Perücke und Puder hätte... lach.)
Wow, da hast du dich ja voll ins Thema gewühlt. Sehr interessant und spannend zu lesen. Vielen Dank!!!!
AntwortenLöschenLG Ute
Toll! Vielen Dank dafür -und ich schließe mich deinem Fazit an:
AntwortenLöschenIch bin auch neugierig geworden, leider wohne ich nicht um die Ecke;)
LG Friedalene
Liebe Ute, du hast so viel Interessantes zu dieser Epoche zusammengetragen, herzlichen Dank. Weimar war damals Weltstadt, z.b. erschien ab 1787 das Journal des Luxus und der Moden in Weimar aber da war die Epoche ja schon fast vorbei. Liebe Grüße Tyche
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