Am Tag der
Arbeit waren wir mit Freunden auf den Spuren von Henry van de Velde unterwegs.
Um 1900
wollte Graf Harry Keßler
Weimar erneut zum geistigen und kulturellen Mittelpunkt Deutschlands machen. Auf seine Empfehlung kam 1902
der Belgier Henry van de Velde (1863–1957)
von Berlin nach Weimar. Als Autodidakt mit Visionen und
Alleskönner beschäftigte er sich mit der Linie, dem Ornament und dem Lebensraum,
der uns umgibt. Teilweise aus Kostengründen ließ er die Form der Funktion folgen,
Häuser plante er nach dem tatsächlichen Raumbedarf von innen nach außen. In
Weimar entwarf er zuerst das Nietzsche-Archiv und wurde zunächst auf Händen
getragen. Im Auftrag des Großherzogs Wilhelm Ernst kümmerte er sich um das
Design der Kunsthandwerksbetriebe und Industrie im Land. Eine enge
Zusammenarbeit gab es mit Bürgeler Keramik-Fabrikanten. Er unterwies
Kleinunternehmer in Design und stellte eigene Entwürfe zur Fertigung zur
Verfügung. Bis 1915 gründete und leitete die
Großherzoglich Sächsische Kunstgewerbeschule. Sein Betätigungsfeld war
vielfältig, praktisch war er der Erfinder des Corporate Designs. Nach seinen
Entwürfen wurden Möbel, Gebäude, Keramik, Schmuck, Stoffe und auch Kleider
realisiert.
Mitte des
19. Jahrhunderts war es an der Zeit, das Korsett aus gesundheitlichen,
praktischen und weiteren Veränderungen an den Nagel zu hängen. Während und nach
dem Krieg musste gespart werden. Ein Korsett kann man ohne Hilfe
(Personal) nicht schnüren. Immer öfters waren Frauen berufstätig. Außerdem
behinderte es sportliche Betätigungen wie z.B. Rad fahren. Auch von ärztlicher
Seite wurde auf Gesundheitsschäden hingewiesen. Mit Anna Muthesius und Paul Schultze-Naumburg entwarf auch Henry
van de Velde weibliche Reformkleidung.
Van de
Velde war von 1902 bis 1917 in Weimar tätig und hat viele Spuren und Grundlagen
für spätere Innovation hinterlassen. Die an Schnörkel und Pomp gewöhnten
reichen Weimarer haben es ihm nicht leicht gemacht. Missverständnisse, Intrigen
und Geldknappheit erschwerten seine Tätigkeit. Am Ende seiner Zeit in Thüringen
wurde seiner Familie die Ausreise erschwert.
Sein Erbe in Weimar ist trotz der starken Präsenz des Klassischen Weimars
nicht zu übersehen.
2013 widmet sich Weimar diesem Nachlass. Thematische
Spaziergänge und mehrere Ausstellungen zeigen seine Tätigkeit als Architekt,
Designer und Urvater der Moderne:
19.04.2013 - 01.09.2013 Modeausstellung im Bertuchhaus Weimar
Mode und Reform - Kleider der Jahrhundertwende (1890-1914).
24.03.2013
- 23.06.2013 Ausstellung im Neuen Museum Weimar
Leidenschaft, Funktion und
Schönheit.
Henry van de Veldes Beitrag
zur europäischen Moderne
29.03.2013-12.05.2013 Ausstellung Bauhaus-Universität Weimar
Der Architekt Henry van de
Velde
24.03.2013 –
12.2013 Haus Hohe Pappeln Weimar
Öffentliche Führungen Jeden Sonntag
13 Uhr
24.03.2013
– 12.2013 Nietzsche-Archiv Weimar
Öffentliche Führungen Jeden Samstag
15 Uhr
20.04.2013
- 22.09.2013 Dornburger Rokokoschloss und im Keramik-Museum Bürgel
Doppelausstellung „Henry van de
Velde und die Bürgeler Jugendstil-Keramik“
24. März –
16. Juni 2013, Kunsthalle Erfurt im Haus zum Roten Ochsen
Peter Behrens. Vom Jugendstil zum
Industriedesign
(zeitweise Schüler Van de
Veldes)
einzigartiges Gesamtkunstwerk der revolutionären Gestaltungsideen van de Veldes
erbaut 1913/14 für den Geraer Textilfabrikanten, Orchideenzüchter
und Kunstsammler Schulenburg
In der
Veröffentlichung "Deutsche Kunst und Dekoration Band
10" schreibt van de Felde 1902 für den Verleger Alexander Koch seine
Ansichten zur Toilette und Frauenkleidung in dem Artikel "Das neue
Kunst-Prinzip in der modernen Frauen – Kleidung", der bei Lexikus gelesen
werden kann. Er bemängelt in der Reformkleid-Bewegung die Berücksichtigung der
Schönheit und verweist auf seine Veröffentlichung "Die künstlerische Hebung
der Frauen-Tracht".
Auch Coco Chanel und Emilie Flöge,
bekannt als Model für Gustav Klimt's Porträts, haben sich mit
Reformkleidern beschäftigt.