Samstag, 26. Juni 2021

Stoffspielerei mit Nähfüßen und Hilfsapparaten

Ines von Nähzimmerplaudereien hat als Thema der Stoffspielerei Nähfüße gewählt. Davon gibt es hier einige. Ein blaues Kästchen mit komplex wirkenden Apparaten packen wir heute aus. Das Thema gibt Gelegenheit, sich damit näher zu beschäftigen:


Das Kästchen enthält original:

1 Unterschnur-Aufnäher   35940
2 Band-Einfasser             36594
3 Vorspannungsmesser  
25525 
4 Kräuselplatte                  35938
5 Zwölfstich-Kräusler        86642
6 Hohlnahtapparat            28915
7 Faltenmarker                  36583
8 Stecher, hier den Nadeleinfädler 
120328 

Habt Ihr so etwas bei Eurem Nähzubehör oder gar schon mal benutzt?

Ein kleines Heft habe ich mir über Second-Hand-Angebote besorgt. Ergänzende Informationen fand ich auf der englischen Seite für Singer-Zubehör www.singersewinginfo.co.uk. Hier kann man dem Simanco-Aufdruck folgen.

Zunächst wollte ich die Nähfuß-Apparate an meinem Nähmaschinen-Oldtimer Gritzner HZ testen, musste allerdings feststellen, dass diese Maschine mit einem hohen Schaft ausgerüstet ist. Die Apparate im Kästchen haben jeweils niedrigen Schaft. 


Deshalb habe ich eine Pfaff Tipmatic 1027 ohne integrierten Oberstofftransport verwendet, um die Apparate zu testen. Allerdings kam ich auch hier an Grenzen.

Weißt Du, welche Schafthöhe Deine Nähfüße haben?

1. Unterschnur-Aufnäher

Der Singer Simanco 35963 Underbraider ist nur für Singer Nähmaschinen der 
Modelle 66, 99 usw.  Der Unterschnur-Aufnäher ist an der Kante der Stichplatte zu befestigen. Schiebt man den Aufsatz ganz nach rechts, dann rastet der kleine Bolzen rechts in das Loch im Bett der Maschine ein.  

Leider passt das mit meinen Maschinen und Stichplatten nicht.


zu breit für diese Stichplatte

Manchmal findet sich eine Abdeckplatte im Fundus. Diese wird verwendet wenn sich der Stofftransport nicht versenken lässt. Auch diese sind für Befestigung an der Stichplatte konzipiert.


Alternative ist die Verwendung eines Kordelfußes. Diese gibt es für 3fach, 5fach und 7fach Kordel nebeneinander. Hier hatte ich es ausprobiert.

4. Kräuselplatte

Auch die Kräuselplatte ist an der Stichplatte zu befestigen und wird in Kombination mit dem Kräusler verwendet. Hier zeige ich, dass beispielsweise bei so wie auf dem folgenden Foto konstruierten Stichplatten (Veritas 8014) ein Einsatz nicht möglich ist


2. Bandeinfasser

Nach dem Anbringen überprüfe ich, ob die Nadel durch die Mitte des Nadellochs verläuft. 
Das Band soll mittig gefaltet und spitz geschnitten mit dem spitzen Ende in die Binderrolle eingezogen werden bis es am unteren Ende herauskommt. Die Kante des zu bindenden Materials kommt zwischen die Rolle des Bandes und wird unter den Nähfuß geschoben. Dann kann der Nähfuß gesenkt und mit dem nähen begonnen werden. 



Ohne Übung fiel es mir schwer, das Band gleichmäßig zu treffen. Respekt an die Damen, die früher damit genäht haben. 


Zeitgemäße Alternative ist ein Bandeinfasser für vorgefalztes Band. Diesen gibt es auch in Snap-On Schnellwechsel-Ausführung.

3. Vorspannungsmesser

Dieser gibt mir noch Rätsel auf. Es handelt sich nicht um eine Nahtführung, die mittels Schraube befestigt wird. 

5. Zwölfstichkräusler Rüschen-Apparat

So ein Rüschen-Kräusler ist ein faszinierendes Ding, besonders in Aktion. Leider ist das Exemplar in meiner Box defekt, denn die Nadel würde auf den Faltenschieber treffen.


Ein baugleiches Modell zeigt wie es funktioniert. Man kann sowohl Krausen und Falten getrennt herstellen oder aber diese gleichzeitig an den Stoff annähen. Es funktioniert gut für nicht all zu dicke Materialien. Diese klemmten sich beim Falte einschieben fest. Bei Insta gibt es ein Video vom nähen mit Kindern ...

Durch den Einstellhebel wird der Kräuselapparat zum Kräuseln oder Faltenlegen eingestellt. Die Einstellung auf Nr. 1 ist für Krausen bestimmt, bei denen auf jeden Stich eine Kräuselwirkung erzielt wird. Bei Einstellungen auf Nr. 6 oder 12 kann man Falten erzielen, die entweder 6 oder 12  Stiche voneinander  entfernt liegen. Die mit einem Sternchen bezeichnete Einstellung ist nur für gerade Nähte und wird beim gruppenweisen Kräuseln oder Faltenlegen verwendet.

Der Anschlaghebel  bestimmt die Breite der Falte. Er kann außer Funktion gesetzt werden, wenn zwi­schen Regulierschraube und Anschlaghebel keine Berührung mehr besteht.

Mit der orangen Regulierschraube wird die Fülle oder Breite der zu nähenden Krausen oder Falten eingestellt.   Ist  sie bis  zu ihrem   Anschlag einge­schraubt und befindet sich der Anschlaghebel in seiner richtigen Stellung, so ist der Kräuselappa­rat für die breiteste Falte eingestellt. Ist dagegen die Regulierschraube soweit wie möglich heraus­ geschraubt und der Anschlaghebel dadurch aus­geschaltet, so erzielt man nur eine ganz kleine Falte. (vgl. Bedienungsanleitung)


6. Hohlnaht-Apparat

Für den Einsatz dieses Apparates wird empfohlen, die Oberfadenspannung etwas zu lockern und große Stiche zu wählen. Eine Lage wird wie abgebildet oben geführt. Nach dem zusammen nähen zeigen sich beim aufbügeln der Nahtzugaben "Leiterstiche". Diese werden nochmals knapp parallel abgenäht.




7. Faltenmarker

Dieser Apparat Singer Simanco 36583 Tuckmarker ist funktional wohl durchdacht und bei vielen Nähprojekten praktisch. Er eignet sich am besten für feine Materialien, wenn Biesen von sehr schmal bis 1 Zoll breit hergestellt werden sollen, ohne dass sie angeheftet werden müssen. Der Aufsatz (a) kann auf die Breite des Umschlags eingestellt werden und markiert beim Nähen das Material für die nächste Beuge. Das Lineal (b) kann separat justiert werden gibt Orientierung an vorhandenen Nähten oder Mustern.




Säumer verstellbar 

Für Säume von 2,75 – 25,5 mm Breite gibt es einen verstellbaren Säumer. Das Einstellen erfolgt durch Lockern der am Säumer befestigten Knopfschraube und Bewegen des mit der Skala versehenen Schiebers nach rechts / links bis die gewünschte Breite eingestellt ist. Fotos in der Anleitung (wie das zuerst folgende) sind etwas irreführend und eventuell für breite Säume gedacht. Die Kante des Stoffes führt man unterhalb der Skala in den Säumer und bewegt bis eine Saumfalte unter der Nadel liegt. Dann den Nähfuss senken. Der Säumer muss mit Stoff gefüllt bleiben. Die Nutzung braucht Feingefühl und Übung bei der Führung des vorgefalzten Saumes.



Die Apparatebox und ein Nadelkissen hatte übrigens im Frühjahr die liebe Trudi (bytrudi) bei Insta zum Verschenken angeboten. An dieser Stelle nochmals 1000 Dank dafür. Gerne habe ich mich mit einem Nadelbuch revanchiert.


Nun bin ich gespannt auf die Entdeckungsreisen der anderen Stoffspielerinnen. Mal sehen, welche Fuße sie zeigen.

Als Nachschlageübersicht für Nähfüsse nutze ich übrigens das Buch: 
Hand- und Maschinenstiche * Das praktische Arbeitsbuch fürs Hobbyschneidern

Die Stoffspielereien

Mach mit, trau dich, sei dabei! Die Stoffspielereien sind offen für alle, die mit Stoff und Garn etwas Neues probieren wollen. Es geht ums Experimentieren und nicht ums Perfektsein, denn gerade aus vermeintlich „misslungenen“ Experimenten können wir im Austausch jede Menge lernen. Lass dich gerne vom monatlich vorgegebenen Thema inspirieren und zeig deine Ideen dazu.
Jeden letzten Sonntag im Monat sind die Stoffspielereien zu Gast bei einer anderen Bloggerin. Dabei kommen wir ohne Verlinkungstool aus: Schreib einfach einen Kommentar mit dem Link zu deinem Beitrag im jeweiligen Blogpost der Gastgeberin. Sie fügt die Links im Lauf des Tages in ihren Beitrag ein – ganz persönlich und individuell.Bist du nächstes Mal auch dabei?

Die nächsten Termine:
Sommerpause
26.09.2021: „Risse und Schlitze“ bei nahtlust
31.10.2021: „Punkte und Kreise“ bei Schnitt für Schnitt
28.11.2021: „Glitzer tröstet“ bei Tyche
Dezember: Weihnachtspause

9 Kommentare:

  1. Das ist eine Wissenschaft für sich. Alles ist sehr schön dargestellt.
    LG Renate

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  2. Wow, sehr fasziniernd! Diese Hilfsapparate sehen sehr elaboriert aus. Der verstellbare Säumer zum Beispiel ist ganz anders konstruiert als der, den ich in der Zubehörsammlung meiner alten Maschine habe. Was wirst Du mit dieser Vielfalt und diesen Möglichkeiten nun zaubern? Liebe Grüße!

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  3. Herrlich, was für eine Sammlung, das sieht ja richtig nach Werstatt aus! Und es erinnert mich an meine erste elektrische Nähmaschine, die bekam ich zum 14. Geburtstag. Es handelte sich um eine einfache Haushaltsmaschine, die immerhin auch Zick - Zackstich konnte. Dafür musste man die Stichplatte und natürlich den Fuß auswechseln, was jedesmal mit viel Schrauberei verbunden war.
    Wunderbar, wie Du alle Möglichkeiten ausprobiert hast und sie uns zeigst. Ich glaube, mit soviel Zubehör konnte damals auch nicht jede Hobbynäherin umgehen.
    Von wann mag das sein? Dem Schriftzug nach tippe ich auf die späten 50er bis Mitte der 60er.
    Vielen Dank für die Geduld, das alles auszuprobieren und uns zu zeigen.
    Liebe Grüße
    Tyche

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  4. Krass. Das schaut sehr kompliziert alles aus. Toll, dass du dich da durch gearbeitet hast und dies hier alles so anschaulich erklärst.
    LG Ute

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  5. "Apparate" trifft es für diese Vorrichtungen ganz gut. Das sind ja keine banalen Nähfüßchen, sondern richtig ausgefeilte Konstruktionen. Dieses Kästchen ist bei deiner Begeisterung für Nähmaschinentechnik bei dir bestimmt gut aufgehoben, auch wenn es mit deinen Maschinen nicht kompatibel ist. Aber wer weiß, vielleicht landet ja auch noch irgendwann die passende Singer-Nähmaschine bei dir.
    Liebe Grüße Christiane

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  6. Solche "Apparate" habe ich noch nie gesehen, erstaunlich was es alles gibt! Schön, daß du genau beschreibst, wie man die einzelnen Teile einsetzt, das ist sehr spannend. So einen verstellbaren Säumer hätte ich auch gerne. LG Gabi

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  7. Ach ja – ich liebe sie! Und schaue sie immer wider gerne an.
    Das was bei Dir "Vorspannungsmesser" heißt, wird in der Anleitung meiner Singer 66 als "Schrägfaltenführung" bezeichnet. Dazu heiß es:
    "Die Schrägfaltenführung kann man verwenden, indem man sie auf die Spitze einer Schere legt, wie unten abgebildet (Bild) und es können verschiedene Stoffbreiten geschnitten werden, indem man den mit "S" bezeichneten Schieber verstellt. Schräggeschnittene Einfasstreifen für Einfasser Nr. 36595 müssen in einer Breite von 23 mm geschnitten werden und zu diesem Zwecke ist der Schieber "S" ist in der Mitte zwischen den mit "F" und "B" bezeichneten Linien anzubringen, wobei die Stoffkante während des Schneidens durch die Vorrichtung und gegen den Schieber geführt wird."
    Leider ist meine Anleitung völlig öldurchtränkt und das Bild schlecht erkennbar.
    Im Prinzip wird das Teil offenbar mit dieser kleinen Rille auf die untere Schneide der Schere geklemmt und der Stoff dann mit der Kante "im Anschlag" durchgeführt, um exakt gleichbreite Schrägstreifen zuzuschneiden.
    Der Begriff "Schrägfaltenführung" scheint mir ebenso ungünstig übersetzt wie
    "Vorspannungsmesser". Ach ja, das gab's damals auch schon.
    Jedenfalls danke für Deinen schönen Post.
    Viele Grüße
    Hummelbrummel

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  8. Da hast Du ja die volle Bandbreite an Hilfs-Apparaturen vorgestellt - und es ist schon faszinierend, welche hilfsmöglichkeiten erfunden wurde, um schöne und zweckmäßige Nähe zu ermöglichen. Vielleicht finde ja noch die optimal passende Nähmaschine zu Dir.
    Vielen Dank für diesen langen und gut ausprobierten Bericht!
    Liebe Grüße
    Ines

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  9. Himmel hilf! Der erste Blick auf Dein Kästchen lässt eher ein zahntechnisches Labor vermuten als ein Nähzimmer! Dass Nähfüßchen unterschiedliche Schafthöhen haben war mir auch nicht bewusst. Schade, dass die ersten beiden Füßchen nicht auf Deine Maschine gepasst haben, deren Funktionsweise hätte mich interessiert. Der Bandeinfasser sieht sehr robust und brauchbar aus, und der Rüschenfuß ist ja der Knaller! Wie der den Stoff nachschiebt! Ich bin immer wieder fasziniert davon, wer sich wohl zu welcher Zeit diese Spezialfüßchen einfallen hat lassen? Das ist so ausgeklügelt durchdacht UND es funktioniert. Danke auch für Deinen vielen detaillierten und scharfen Fotos! Toller Beitrag. Liebe Grüße, Gabi

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