Sonntag, 13. Mai 2018

Nesteldecke für Demenzkranke

Schon seit Jahren konnte ich beobachten, wie das Gedächtnis meiner Mutter nachlässt. Nach ihrem letzten Krankenhausaufenthalt vor 3 Wochen habe ich ein Näh-Projekt endlich umgesetzt, an das ich schon lange dachte. 
Letztes Jahr habe ich verfolgt, wie Miss Zuckerguss und Valomea sich mit dem Thema beschäftigt haben. Warum habe ich es nicht früher gemacht? 
Vielleicht will man manche Wahrheiten auch gar nicht wahr haben ...

Auf Instagram in meinen Storys gab es schon ein Filmchen der Nesteldecke. Heute am Muttertag sind meine Gedanken besonders oft bei meiner Mutter. Inzwischen isst sie kaum noch und schläft meistens. Mit der Decke hat sie sich kaum beschäftigt. 


Meine Eltern wollten immer gerne dunkle Farben, die "nicht so schnell schmutzig werden". Das habe ich bei der Zusammenstellung berücksichtigt. Verwendet habe ich Jeans-Stücke, Hemdenstoff, gefärbte Deckchen für die Rückseite. Mir war es wichtig, die Farben gedeckt und altersgerecht zu halten.





Die Decke ist aus 12 Blöcken von 15 cm Kantenlänge zusammen gesetzt. Das Zusammennähen erfolgte in Rag-Time Technik: Block-Element und Rückseiten-Stoff werden mit dem Nachbar-Block links auf links mit 1 cm Nahtzugabe zusammen genäht. Die Nahtzugaben sind vorne sichtbar und werden bis kurz vor der Naht eingeschnitten.

"Oben" ist ein Jeans-Bund angenäht, das ergab sich zufällig beim Zusammenstellen des Materials.

Die einzelnen Blöcke sind Spielwiesen für Stoff-Manipulation, die Gelegenheit geben, Flächen haptisch zu erkunden. Das ist sicher auch für Babys interessant.
Für Demenz-Kranke sind eventuell mehr freie Flächen empfehlenswert.

Ein Video für einen kleinen Eindruck kann man hier ansehen.

1. Block: Bunt-Stickerei & Hosenknopf

2. Block: Reißverschluss zwischen Kord-Stoff (Knister-Füllung Kaffeefolie)
3. Block: eingebundene Knöpfe
4. Block: Hosentasche, darüber Jersey-Bändel mit Schiebe-Kugeln
5. Block: Appliziertes gefärbtes Deckchen
6. Block: Chenille-Fläche
7. Block: Applizierte Blumenvase mit Häkelblüten und Knöpfen
8. Block: Hemden-Ärmel mit Verschlusselement und Schiebe-Gürtelschnalle
9. Block: Verdrehte Stränge
10. Block: Web-Fläche Kord und Jeans
11. Block: Rüschen-Applikation
12. Block: Jeans-Pocket-Tasche


Ideen und Anregungen habe ich auch auf dem Nesteldecken-Blog gefunden. 

persönlicher Nachtrag:

Das Herz voll Liebe, voll Arbeit die Hände -
das war ihr Lebenswerk bis an ihr Ende.


Sonja König  04. 01.1942 - 29.05.2018

5 Kommentare:

  1. Liebe Ute,
    ja, manchmal wollen wir die Wahrheiten nicht sehen, wenn sie so schmerzlich sind. Inzwischen scheint Deine Mutter ja nicht mehr viel Anteil zu nehmen am Leben, da ist das nesteln auch nicht mehr vordergründig.
    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das Material oder die Farben/Muster sie nicht so ansprechen? Wenn ich den Menschen kenne, für den die Decke bestimmt sein wird, denke ich vor Auswahl darüber nach, ob die Person aus einer Kiste von Material neugierig genau diese herauspicken würde...
    Alle guten Wünsche seien mit Euch!
    LG
    Valomea

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  2. Hallo Ute , die Nesteldecke sieht sehr gelungen ...und vielleicht braucht es einfach ein wenig Geduld bis deine Mutter sie annehmen mag!Auch von mir gute Wünsche....

    LG KLaudia

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  3. Ich kann gut nachfühlen, dass man die Wahrheit nicht sehen will.....
    Gerade fallen mir Veränderungen bei meiner Mutter auf, vielleicht sollte ich sie besser beobachten.
    Auch von mir die besten Wünsche und viel Kraft
    Herzlichst
    yase

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  4. Das ist mal eine schöne Nesteldecke. Findet man nicht so oft. LG Heike

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  5. Hallo, ich bin durch Zufall auf die Nesteldecken aufmerksam geworden. Ich habe mit demenzkranken Menschen gearbeitet, die in verschiedenen Stadien erkrankt waren.
    Deshalb gebe ich einen kleinen Tipp:
    Weniger ist oftmals mehr. Viele verschiedene Farben, Muster und Techniken verwirren mehr und machen Demenzkranke unzufrieden. Es liegt daran, dass zu viel Anregung genau das Gegenteil der Absicht bewirkt. Liebe Grüße von Rita

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