Dienstag, 1. August 2023

Baby-Block-Rosetten-Quilt

Ausdauer ist konzentrierte Geduld.
(Thomas Carlyle, 1795-1881)


Auf der Suche nach einem abendlichen Handnähprojekt begann ich Ende November 2018 mit der Verwertung von Upcycling-Hemdenstücken, insbesondere Kragen- und Manschetten-Teile. 



Ich wollte ausprobieren, ob die immer beliebter gewordene Englich Paper Piecing Technik, auch EPP genannt, etwas ist, das ich gerne von Hand nähe. Manchmal habe ich das Bedürfnis, etwas ohne elektrische Hilfsmittel von Hand zu nähen. Es ist irgendwie beruhigend und tut mir gut. 

Als ich mit diesem Projekt begann war es ein Experiment ohne bestimmtes Ziel. Dann ist es gewachsen, hat sich entwickelt und eine Eigendynamik bekommen. Diese Schablonenform (roter Pfeil)  habe ich gewählt, weil man damit Baby-Blocks nähen kann. Später habe ich als Herausforderung andere Motive mit der gleichen Schablone probiert.

Hilfsmittel und Vorbereitung

Zum Markieren der Papierschablonen sowie von Stoffen rückseitig vor Zuschnitt verwendete ich Stempel von Hobby-Time EX Zeewolde. 



Mit etwas Übung konnte ich Papier in erforderlicher Breite wie eine Ziehharmonika falten, stempeln und daraus gleichzeitig mehrere Schablonen schneiden. Abgelaufene Schulhefte meines Enkels und Prospekte habe ich so in Schablonen verwandelt. Gut eignen sich nach meiner Erfahrung auch A4-Briefumschläge. Die Fenster-Fläche lasse ich weg, denn sie würde schrumpfen beim späteren Bügeln. Meine Schablonen werden gelocht. So kann man diese später mit einer Häkelnadel effektiv entfernen

Die gestempelten Nahtzugaben erschienen mir etwas knapp. Deshalb habe ich ringsum etwa 2 mm zugegeben beim Stoffzuschnitt. Transparente Stempel erleichtern Zuschnitt für Fuzzy Cutting. So kann man motivgleiche oder angrenzende Motive markieren. Im nachfolgenden Beispiel funktioniert der Zuschnitt auch ohne Stempelmarkierung.

Als Garn zum Heften verwende ich Heftgarn aus dem Bestand sowie Garne mit niedriger Reißfestigkeit, welches zum Maschine nähen nicht (mehr) taugt.


Die bespannten Schablonen nähe ich mit Polyestergarn zusammen. Bei diesem Projekt habe ich meistens mittelgrau oder mittelblau gewählt. 

Zum Heften verwendete ich mittellange Handnäh-Nadeln passend zur Heftgarnstärke.
Zum Nähen verwendete ich dünne spitze Nadeln. 


Ein Clover-Tisch-Nadel-Einfädler war hilfreich für die vielen Meter Garn, die ich durch die Nadeln gezogen habe. Gerne ziehe ich das Garn vor dem Nähen über eine Kerzenfläche denn so präpariert verschlingt es sich beim Handnähen seltener. Von Hand gequiltet ist mit Baumwollgarn NM50 aus dem Bestand sowie kurzen schwarzen Quilt-Handnäh-Nadeln.

Eine Fläche beginnt zu wachsen

Als Experiment gestartet verwendete ich zunächst angesammelte Manschetten und Kragen von Hemden. Beanspruchte Nahtstellen ließ ich außen vor. Für einen Bauklotzblock benötigte ich 3 Stücke: hell, mittel und dunkel. Zusammen ergeben sie jeweils ein Sechseck = Hexagon.


Die ersten Schablonen heftete ich noch durch das Papier. Zuletzt nur noch an den Ecken der Nahtzugaben. Zwischen den Ecken spannte ein Heftgarnstich in der Nahtzugabe das jeweilige Teil. So bleibt der Heftfaden später drin und fixiert die Nahtzugaben.

Es entstanden viele solche Bauklotzblöcke, meistens habe ich schon mal 4 Stück aus annähernd gleichen Stoffen aneinander genäht.


Reizvoll war es auch, mit den vorhandenen Stücken aus gestreiften und karrierten Mustern andere Formationen zu legen. Naheliegend waren sternenförmige Anordnungen. So entstand die Idee, die Fläche mit Rosetten-Anordnungen interessanter zu gestalten. Mehrere Muster mit variierter Anordnung von Blautönen sind entstanden. Mathematisch hatte ich hier mal dazu aufgelöst.


Naht-Auftrenner brauch ich auch manchmal ...



So wurde es ein selbst erzeugtes Puzzle. Manchmal habe ich es auf eine Bettdecke gelegt, um zu schauen, wie ich es anordnen könnte und wieviel Fläche bereits entstanden ist. 


Dieses EPP-Handnähen wurde zum allabendlichen Ritual. Manchmal war mir einfach nur nach Schablonen bespannen, ein anderes Mal nähte ich Baby-Blöcke. Papier-Schablonen waren mitunter auch nachzufüllen. Am Ende legte ich die Rosetten aus, füllte die Zwischenräume und nähte alles zu einem Topp zusammen. Seitlich sind halbe Formen (Dreiecke) eingefügt. Oben und unten sind die Spitzen nach dem Quilten beschnitten.


Annähernd 1/2 Jahr hat es gedauert bis eine Fläche von 1,30 m x 2 m entstanden war. Mit den Papierschablonen zusammen habe ich das Topp erst mal weg gepackt. Für den nächsten Schritt  hatte ich noch kein Konzept.

Quilten, aber wie?

Ein paar Segmente Baby-Blocks waren übrig, groß genug für eine Pad-Hülle. Die habe ich mit Nahmaschinen-Geradstich-Linien abgesteppt. Für mein handgenähtes Quilt-Topp allerdings fand ich diese Methode unpassend.


Nach einer Pause von ca. 2 Jahren entschloss ich mich, das Topp mit Vlies und Upcycling-Bettwäsche als Rückseite zusammen zu stecken und von Hand zu quilten. 


Innerhalb von 2 Wintermonaten ging dieser Prozess zügig voran. Zunächst umrandete ich die Rosetten. Dann entstanden die langen diagonalen Nähte in 3 Richtungen. Zuletzt ist intuitiv innerhalb der Rosetten handgequiltet.





Das Binding ist klassisch ausgeführt aus einem dunkelblau gestreiften Hemdenstoff.

Fertig ist der Quilt

So kanns gehen, es fängt ganz harmlos mit ein paar kleinen Papierstücken und Stoffresten an und plötzlich ist es irgendwann ein Quilt geworden. Endlich finde ich Muse, ihn samt Entstehungsprozess hier zu zeigen.


Das EPP-Nähen liegt mir. Weitere Projekte sind inzwischen entstanden. Davon demnächst mehr.


Zeit-Eck-Daten

2018-11 Beginn mit dem Bespannen der ersten Papierschablonen ->

2019-06 Fertigstellung Topp ->

2019-10 Aus den Restschablonen entsteht eine Pad-Hülle, ein Quilt-Test

das Topp ruhte mit Papierschablonen bis ich Zeit zum handquilten fand

2022-01 bis 2022-02 von Hand quilten

4 Kommentare:

  1. Das ist eine so schöne Demonstration, wie das mit dem EPP geht. Besonders gut gefällt mir die stimmige Farbwahl. Und das Beste - die verwendeten Stoffe könnten alle schon eine Geschichte erzählen. Gefällt mir sehr, dein blauer Quilt. Lg von Rela

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  2. Liebe Ute, was für ein wertvoller Blogbeitrag! Deine zahlreichen Tipps und dazu noch toll bebildert und so gut erklärt, kommen sehr gut bei mir an. Nur kleinere Projekte hab ich bisher mit dieser Methode genäht, bewundernswert, dass du über den langen Zeitraum nicht aufgegeben hast und nun mit einem wunderschönen Ergebnis belohnt bist. Das wird einige überzeugen und anspornen, vielleicht auch mich (lach). LG eSTe

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  3. Der Quilt ist wunderschön geworden und dann auch noch in meiner Lieblingsfarbe. Vor ein paar Jahren hatte ich an ganz heißen Sommertagen ebenfalls mit Babyblöcken in EPP angefangen. Daraus wurde erstaunlich schnell ein Quilttop. Der Quilt hing dann in der letzten Tradition und Moderne der Gilde.
    Deine Mischung verschiedner Musteranordnungen gefällt mir sehr. Ich hatte damals nur Babyblöcke gemacht. Jetzt habe ich Lust wieder mit EPP anzufangen. LG Gabi

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  4. Unglaublich, was für eine Arbeit!!
    Das sieht sehr beeindruckend aus
    Herzlichst
    yase

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